Ustinovs Erbe
Stiftung und Vererbung
Die Sir-Peter-Ustinov-Stiftung ist das Vermächtnis des vielseitigen Künstlers, der 2004 verstarb und vor allem als Schauspieler berühmt wurde. Wie gelingt es der Stiftung, die zu seinen Lebzeiten gegründet wurde, trotz der schwindenden Bekanntheit seines Namens weiterhin sichtbar Zu bleiben? von Tim Goldau
Peter Ustinov ist vor allem als Schauspieler bekannt, in Rollen wie Kaiser Nero in Quo Vadis, Gladiatorenmeister Batiatus in Spartacus und Hercule Poirot in sechs Agatha-Christie-Verfilmungen. Doch Ustinov war weitaus mehr: Er war Opern-, Theater- und Filmregisseur, Autor, Karikaturist sowie Kostüm- und Bühnenbildner — um nur eine Auswahl zu nennen. Darüber hinaus engagierte sich der 1990 von Königin Elisabeth II. zum Ritter geschlagene Ustinov unter anderem für Pazifismus und Völkerverständigung. Als bekennender Kosmopolit war er Botschafter des UN- Kinderhilfswerks Unicef und Vorsitzender des World Federalist Movement, welches sich für eine Weltregi& rung und stärkere globale Zusammenarbeit einsetzt, um Frieden, Gerechtigkeit und Menschenrechte zu fördern. Außerdem erhielt von mehreren Einrichtungen die Ehrendoktorwürde.
Zusätzlich zu seinen vielen Talenten war Peter Ustinov auch Stifter. 1999 gründete der 1921 geborene Sohn eines Diplomaten und einer Enkelin des deutschen Afrikaforschers Eduard Zander gemeinsam mit seinem Sohn Igor Ustinov in München die gemeinnützige Sir-Peter-
Ustinov-Stiftung. Ihr Ziel ist es, Kindern in schwierigen Lebenssituationen bessere Bildungschancen zu bieten und ihnen eine Perspektive für eine erfolgreiche Zukunft zu ermöglichen.
Die Stiftung setzt auf Förderungen und die Zusammenarbeit mit Projektpartnern. Derzeit werden rund 20 Projekte in Europa, Asien, Afrika und Südamerika unterstützt. Dazu gehören Nothilfepakete für erdbebengeschädigte Kinder und Familien in der Türkei sowie der Aufbau und die Unterhaltung einer Vorschule in Südafrika. Auch in Deutschland engagiert sich die Stiftung,
beispielsweise für die Familienklasse an der Erich-Kästner-Schule in Frankfurt. Dort besuchen jeden Freitag acht Kinder gemeinsam mit einem Elternteil eine Schulklasse, um die Eltern aktiv einzubeziehen. Zudem wurde bis 2024 das Projekt Klangstrolche in Hamburg gefördert. In Kooperation mit der Stiftung KulturPalast Hamburg soll es Kindern unabhängig von ihrer Herkunft und Kultur ermöglichen, frühzeitig musikalische Förderung zu erhalten.
Wie wählt die Stiftung jedoch die Förderprojekte aus? „Man kann sich bei uns um eine Förderung bewerben“, erklärt der Stiftungsvorstand Ali Tasbasi. „Ein Entscheidungsgremium, das aus mir und einer Mitarbeiterin besteht, trifft letztendlich die Entscheidungen. Grundsätzlich muss das Projekt zur Stiftung passen, und auch die Höhe des Fördervolumens spielt eine wichtige Rolle.“
Kooperationen mit dem Ustinov-Netzwerk
Die Stiftung arbeitet nicht nur an geförderten Projekten, sondern kooperiert auch mit dem Ustinov-Institut in Wien, das sich der Erforschung und Bekämpfung von Vorurteilen verschrieben hat. Gemeinsam arbeiten sie an Kampagnen und Forschungsprojekten.
Das Institut ist Teil des Ustinov-Netzwerks. Dabei handelt es sich um einen Verbund verschiedener Einrichtungen, die mit Bildung und Kreativität Vorurteilen entgegentreten möchten. Zu diesem Netzwerk gehören unter anderem auch das Ustinov-College an der Durham University in England sowie sieben Schulen in Deutschland, etwa in Hannover, Essen und Eckernförde. „Wir stehen im engen Austausch mit den Einrichtungen des Ustinov-Netzwerks. Es ist ein Geben und Nehmen — sie erhalten Unterstützung von uns und wir von ihnen“, erklärt Ali Tasbasi, hauptberuflich Unternehmer, ist über Igor Ustinov zur Stiftung gekommen. „Ich habe Igor 2014 kennengelernt, und über die Jahre hinweg hat sich eine enge Bindung entwickelt.“ Igor Ustinov ist seit dem Tod seines Vaters alleiniger Stifter und Vorsitzender des Stiftungsrats. Bekannt ist er vor allem als Bildhauer. „lgor ist ein kreativer Ideengeber für uns“, so Tasbasi.
Im Jahr 2019 habe er Tasbasi gefragt, ob er Interesse daran habe, Mitglied des Stiftungsrats zu werden. Ein Jahr später wurde der Finanzexperte schließlich zum Vorstand der Stiftung berufen. Er beschreibt sich selbst als großen Fan von Peter Ustinov. Die Krimikomödie ,Topkapi“, für die Ustinov einen Oscar erhielt, habe ihn schon als Kind fasziniert. Besucht man die inzwischen nach Frankfurt gezogene Stiftung, betritt man gleichzeitig das Büro des Unternehmers Tasbasi, der ein Corporate-Finance-Beratungshaus betreibt. Die Stiftung ist in die Büroräume unweit der Frankfurter Alten Oper integriert. Fotografien an den Wänden zeigen Peter Ustinov, und kaum ein Tag vergehe, an dem nicht einer der fünf Mitarbeiter ein Zitat des 2004 verstorbenen Stifters verwendet. „Das Vermächtnis Ustinovs lebt hier weiter“, sagt der Stiftungsvorstand.
Tasbasi sieht seine Hauptaufgabe in der Zukunft darin, die Stiftung bekannter zu machen. „Viele jüngere Menschen kennen Peter Ustinov gar nicht mehr. Das Motto ,Tue Gutes und erzähle darüber‘ war in der Vergangenheit durch den bekannten Namen nicht notwendig“, erklärt der Vorstand. Er ist überzeugt, dass es vielen Stiftungen ähnlich geht, die einen ehemals bekannten, inzwischen verstorbenen Namensgeber haben.
Kampf den schwindenden Spenden
Sichtbarkeit ist entscheidend für die Stiftung, da Spenden ihre wichtigste Einnahmequelle darstellen. Tasbasi bemerkt einen Stimmungsumschwung im Land: „Die Menschen haben zunehmend finanzielle Schwierigkeiten, das spiegelt sich auch in unseren Spendeneinnahmen wieder.“ Doch wie die Sichtbarkeit erhöhen? Die Stiftung plant, die Aktivitäten in Deutschland auszubauen, unter anderem durch eigene Projekte. Derzeit führe man etwa Gespräche mit kommunalen Trägern, um dies zu ermöglichen.
Auch die Arbeit im Unternehmensbereich soll ausgeweitet werden. „Wir sind das S in ESG“, erklärt Tasbasi. Der Groß teil der mittelständischen Unternehmen in Europa wird ab nächstem Jahr sogenannte ESG-Reportings erstellen müssen. In diesen Berichten müssen sie nachweisen, wie sie ihrer Verantwortung in den Bereichen Umweltschutz, Soziales und Governance nachkommen. „Ich sehe darin eine Chance für uns, gemeinsam mit Unternehmen Hilfsprojekte zu initiieren. Wir bieten uns als Partner an.
Sichtbarkeit bedeutet auch mehr Spenden — so lautet zumindest der Plan. Um jedoch auf der sicheren Seite zu sein, soll der Kapitalstock von derzeit rund 1,8 Millionen Euro erhöht werden, damit die Stiftung auch bei geringeren Spenden weiterhin finanziell abgesichert ist. Die Stiftung plant zudem, die Interaktion mit dem Ustinov-Netzwerk zu vertiefen und den Einrichtungen künftig mehr Sichtbarkeit zu verleihen. Auch der sechsköpfige Stiftungsrat soll erweitert werden. „Wir haben viele Pläne. Wir sind noch lange nicht am Ende des Weges angekommen“, betont Tasbasi.